Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lörrach-Steinen
 

Leider war es nur eine kurze Zeitspanne, die den beiden genialen Künstlern – dem Architekten Olaf Andreas Gulbransson und dem Maler Hubert Distler – zur Umsetzung Ihrer gemeinsamen Vorstellungen von Kirchenbau und Ausstattung geblieben waren


Innenraum



Der Blick der Eintretenden wird sofort gefangengenommen von der hohen Altarwand, die quer vor der Süd-Ost-Ecke aufgerichtet ist; sie gibt Zeugnis vom Leben, Wirken, Leiden und Sterben Jesu und von der Himmel und Erde verbindenden Kraft des Auferstandenen. Vor diesem Bild, auf einer halbrunden Plattform, lädt der Altar ein zum Mahl des Herrn, rechts daneben wird von einer schlanken Kanzel das Wort der Heiligen Schrift ausgelegt; neben der Altarstufe links werden die Täuflinge in einer kleinen halbrunden Nische am Taufstein mit dem Wasser des Lebens in die Jüngerschaft Jesu aufgenommen.

Aus der dem Altar gegenüberliegenden Ecke schickt die Orgel ihren Klang in die Höhen der zeltartig anmutenden Decke über dem Kirchenraum
Besucher und Mitfeiernde können viele kleine Details entdecken – etwa, wie die Steine am Boden auf den Altar hin verlegt sind ... die runden weißen Glaszylinder der Lampen an den Wänden erinnern an die Wandleuchter alter Kirchen mit ihren großen Kerzen
Tageslicht erhellt die Kirche durch raumhohe, schmale, mit Glasbausteinen ausgefüllte Lichtbänder und ein kleines, in Kreuzform gestaltetes Fenster, dessen auf den Bahngleisen von Steinen gefundenes Glas einer zerborstenen Signalanlage an sonnigen Vormittagen, das "Taufkapellenfenster" die Taufstein-Nische in leuchtendes Rot, die Farbe des Heiligen Geistes.
Wer sich diesem Raum aussetzt, kann erfahren, was Olaf Andreas Gulbransson mit seinen Kirchenbauten zu vermitteln suchte: „Der Kirchenbau ist … von einer beruhigenden, für manchen aber beunruhigenden Zwecklosigkeit. Der Bau, der Raum geben soll für die Begegnung des Menschen mit Gott, ist nicht in erster Linie an den Zweck gebunden, sondern an den Sinn.“ (Poscharsky 1966, S. 10)
© Pfarrer Andreas Heinicke







Das Altarbild

Wohl ist es die Nähe zu Italien, die in den kleinen, intimen evangelischen Kirchen Baden-Württembergs und Bayerns Wandmalereien entstehen ließ, wie sie in anderen Regionen Deutschlands undenkbar wären. Bereits während seines Studiums an der Kunstakademie in München hatte Distler Gelegenheit, als Meisterschüler von Franz Nagel bei der Deckenausmalung der Kirche St. Max in Augsburg 1950 diese Tradition zu studieren
Die Begegnung mit der mediterranen Landschaft spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung seiner Themen und Motive: Das Wechselspiel der Dinge, die Sonne, die aufleben und absterben lässt, die Offenbarung, dass etwas zugleich schön und großartig wie grausam und unerbittlich sein kann. Diese Polarität der Dinge wie auch Himmel und Erde, Oben und Unten bestimmte sein Welt- und Lebensgefühl. Über die Reduktion auf Wesentliches entwickelte er eine abstrakte Sprache von unverwechselbarer Handschrift
Dabei versuchte er, die Aussagen der Bibel in eine menschliche Ausdrucksart zu übertragen. Distlers Sinnbild des Martyriums Christi sind Dornen. Dornen, vorgegeben bereits in der Dornenkrone, haben im menschlichen Leben die feste Bedeutung von Schmerz und Leid. Beim Anblick von Dornen kann der Leidensweg Christi nachempfunden werden ... Aus diesen Gedanken hat Distler die Pole Dornen – Sonne, Erde – Himmel entwickelt






In der Christuskirche zu Steinen verbindet Distler den Kreuzestod mit der Auferstehung. Die ausgebreiteten Arme und die Wundmale kennzeichnen Christus als den Gekreuzigten. Doch er trägt keine Dornenkrone, sondern sein Körper scheint zu schweben, schon über dem Irdischen sich befindend, zwischen den Symbolen der Passion – Dornen und Kelch – am linken Bildrand und Symbolen des ewigen Lebens – der Stern der Geburt und das Lamm des Himmlischen Jerusalems – am rechten Bildrand. Die rote Sonne – ist es die sich verdunkelnde Sonne des Kreuzestodes oder die aufgehende Ostersonne? Dezent und doch eindeutig verbindet sich das Rot der Sonne mit dem Rot der Dornen und dem Rot des Fensters links neben dem Wandbild

Dr. Annette Jansen-Winkeln Stiftung, Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jh. e.V.